Viele Unternehmen fingen im späten 19. Jahrhundert an, betriebliche Sozialpolitik zu betreiben. Jede einzelne der Maßnahmen Abbes (zum Beispiel Krankenversicherung, Pensionen und 8-Stunden-Tag) hat Vorläufer. Das Entscheidende bei Abbe ist, dass er in ganz bewusster Opposition zum "Herr-im-Haus"-Standpunkt andere Unternehmer diese Sozialleistungen nicht als Wohltaten, sondern als Rechte der Mitarbeiter verankerte.
Es wurde eine eigene Interessenvertretung der Mitarbeiter geschaffen. Diese Vertretung hatte zwar kein Mitbestimmungsrecht, aber doch das Recht in allen Fragen des Betriebes gehört zu werden.
Die Arbeitsbeziehungen wurden insgesamt mit Hilfe des Statuts der Carl Zeiss-Stiftung verrechtlicht. Diese Verrechtlichung und diese institutionellen Mechanismen zur Konfliktregelung sind Vorläufer der sozialen Marktwirtschaft.
Toleranz ist ein entscheidender Begriff in Abbes Denken. Obwohl Abbe sicherlich kein Sozialdemokrat war, war es ihm wichtig, dass sich diese Partei frei entfalten konnte. Auch wandte er sich vehement gegen Rassismus, der zu seiner Zeit bereits sein Unwesen trieb. Er sorgte dafür, dass bei Carl Zeiss niemand wegen seiner Religion, Abstammung oder politischen Meinung benachteiligt wurde. Das zeigt sich zum Beispiel auch darin, dass sein engster Mitarbeiter in der Geschäftsführung, Siegfried Czapski, ein Jude war.
Förderung von Wissenschaft und Kultur: Als Privatmann förderte Ernst Abbe die Universität durch anonyme Spenden. Nach Gründung der Carl Zeiss-Stiftung wurde die Förderung der Universität und auch der Stadt Jena durch diese Stiftung betrieben.