Myopie

Fortschreitende Kurzsichtigkeit bei Schulkindern

1. Juli 2024

Mit der Grundschule beginnt eine neue, aufregende und wichtige Zeit für jedes Kind – und gutes Sehen ist bedeutend für seine weitere Entwicklung. Vor Schuleintritt gehört die Schuleingangsuntersuchung und damit die Kontrolle der Sehfähigkeit des Kindes zum Standard. Sollten hierbei Auffälligkeiten festgestellt werden, empfiehlt sich der Gang zum Spezialisten. Dieser untersucht die Augen und die Sehfähigkeit des Kindes eingehender und kann zum Beispiel eine Kurzsichtigkeit (Myopie) diagnostizieren und gemeinsam mit den Eltern entscheiden, ob das Kind eine Sehhilfe wie eine Brille braucht.

Von Vorteil für das Kind ist es, wenn eine Kurzsichtigkeit so früh wie möglich festgestellt wird. Daher sollte ein Optiker oder Augenarzt immer aufgesucht werden, wenn das Kind auch bereits im Vorschulalter Auffälligkeiten zeigt. Je früher Maßnahmen gegen eine Kurzsichtigkeit getroffen werden, desto besser.

Vor allem ist es wichtig, eine fortschreitende Myopie, also die spezielle Form der Kurzsichtigkeit, durch entsprechende Maßnahmen zu verlangsamen oder aufzuhalten, um eine hohe Kurzsichtigkeit zu verhindern. Das ist nicht nur wichtig, weil es die Lebensqualität des Kindes verbessert, sondern auch, um das Risiko für Folgeerkrankungen des Auges zu verringern.

Was ist Myopie?

Myopie (Kurzsichtigkeit) ist eine Form der Fehlsichtigkeit, bei der die in das Auge eintretenden Lichtstrahlen vor der Netzhaut gebündelt werden. Das auf der Netzhaut erzeugte Bild ist unscharf, wenn das unkorrigierte Auge in die Ferne blickt und das Auge entspannt ist. Diese optische Fehlsichtigkeit der Augen wird allgemein durch zu lange Augäpfel verursacht. In der Regel tritt die Myopie zuerst bei Kindern im Schulalter auf und führt nicht unbedingt zu einer hohen Myopie.

  • Eine hohe Myopie beginnt je nach Definition bei -5 Dioptrien.
  • Die fortschreitende oder progressive Myopie ist dadurch gekennzeichnet, dass sie sich im Laufe der Jahre verschlimmert (also progressiv verläuft). Das Längenwachstum des Auges kann über Jahre hinweg andauern. Dies kann zum Beispiel zu Werten von -12 Dioptrien führen. Abgesehen von den gesundheitlichen Problemen, die dies verursachen kann, wirkt sich dieser Umstand negativ auf das tägliche Leben aus. Der weiteste Punkt, den ein Mensch in diesem Fall noch scharf sehen kann, liegt nur noch acht Zentimeter vom Auge entfernt. Ein normales Alltagsleben ohne Sehhilfe ist dann nicht mehr möglich.
  • Die pathologische Kurzsichtigkeit ist durch krankhafte Erscheinungen wie Komplikationen am Augenhintergrund (zum Beispiel Netzhautablösung) gekennzeichnet. Pathologische Kurzsichtigkeit tritt eher – aber nicht zwangsläufig – bei Augen mit hoher Myopie auf.1

Um fortschreitende Kurzsichtigkeit bzw. progressive Myopie einzugrenzen, kann man ihr mit verschiedenen Maßnahmen entgegenwirken. Das Ziel des sogenannten Myopie-Managements durch Augenärzte und Augenoptiker ist es, Kinder vor zu starker Kurzsichtigkeit und den möglichen Spätfolgen für ihre Augen zu bewahren. Außerdem hilft ein gesunder Lebensstil: Studien zeigen, dass Zeit im Freien und eine Reduzierung der Naharbeit sich positiv auf die Augenentwicklung von Kindern auswirken.2

Die Entwicklung des kindlichen Auges

Neugeborene Kinder sind grundsätzlich weitsichtig.3 Mit zunehmendem Alter entwickeln sich die Länge des Auges und der Brechwert der Linse so, dass bis etwa zum 10. Lebensjahr eine Rechtsichtigkeit (Emmetropie) erreicht wird.4, 5 Diesen natürlichen Prozess nennt man Emmetropisierung.

Zudem entwickelt sich die Sehschärfe erst im Laufe der Zeit. Neugeborene Kinder können noch nicht scharf sehen, die Sehschärfe bessert sich aber schnell und steigt bis zu einem Alter von etwa sechs bis zehn Jahren an.6

Das heißt: Kommt das Kind in die Schule, hat es bei einer normalen Entwicklung in etwa die Sehschärfe eines normalsichtigen Erwachsenen.
Kinder können, sofern sie rechtsichtig (emmetrop) sind, nun Gegenstände in allen Entfernungen scharf sehen. Diese Entwicklung ist entscheidend. Sie unterstützt das Lesen, Schreiben und die Interaktion mit der Welt. Ebenso entwickelt sich die räumliche Wahrnehmung während der Grundschulzeit weiter, und Kinder lernen, Tiefe und Distanz zwischen Objekten einzuschätzen. Das spielt eine große Rolle beim Sport, beim Fahrradfahren oder beim Spiel im Park. Gute Tiefenwahrnehmung hilft Kindern, sich sicher in ihrer Umgebung zu bewegen und sie fördert gleichzeitig die motorischen Fähigkeiten.

Vorsorge und Fürsorge: Myopie verhindern und erkennen

In dieser Phase ist es entscheidend, auf Anzeichen für Sehprobleme zu achten. Häufiges Blinzeln, Kopfschmerzen oder Schwierigkeiten bei Lese- und Schreibaktivitäten können Hinweise sein. Bei Auffälligkeiten sollten Eltern einen Augenarzt oder Optiker aufsuchen, der das Sehvermögen des Kindes untersucht.

Sollten Korrekturen notwendig sein, kann dies einen großen Unterschied im schulischen wie im sozialen Leben des Kindes ausmachen. Denn auch wenn Kinder Meister darin sind, kleine oder größere Sehschwächen zu überspielen, zeigen Untersuchungen, dass oft nicht nur der schulische Erfolg, sondern auch die gesamte Lebensqualität der Kleinen von gutem Sehen abhängen.7

Prävention: Raus mit den Kindern ins Freie, weg vom Smartphone

Zur Prävention von Kurzsichtigkeit bei Kindern empfehlen Experten eine Verringerung der Zeit, die Kinder mit dem Smartphone, dem Tablet oder anderen Aktivitäten verbringen, die eine konstante Nahsicht erfordern.

Kinder sollten regelmäßige Pausen im Freien einlegen. Untersuchungen haben gezeigt, dass mehr Zeit im Freien das Risiko von Kurzsichtigkeit senkt und bei bereits betroffenen Kindern den Fortschritt der Sehschwäche verlangsamt.8  Fachleute empfehlen daher, dass Kinder täglich mindestens zwei Stunden im Tageslicht verbringen, unabhängig von ihrem Alter.

Dennoch ist es wichtig zu wissen, dass das Risiko einer (starken) Kurzsichtigkeit höher ist, wenn die ersten Anzeichen von Myopie vor dem siebten Lebensjahr auftreten.Der ZEISS Myopie Management Leitfaden, der auf verschiedenen Studien basiert, empfiehlt: Wenn ein Kinder im Alter von sechs Jahren noch eine Fernrefraktion von größer als +0,75 Dioptrie bzw. im Alter von sieben bis zehn Jahren größer als +0,5 Dioptrie aufweist, kann die Entwicklung seines Augenlängenwachstums als normal bezeichnet werden. Liegt der Wert darunter oder gar schon im Minus-Bereich, weist das Kind ein Risiko für Myopie auf.10

Kurz zusammengefasst

Welche Maßnahmen sind für Kinder wichtig?

✔ Täglich mehr als zwei Stunden im Freien bei natürlichem Licht.11

✔ So wenig wie möglich Naharbeit bzw. Aktivitäten mit Nahsehen.

✔ Mindestens eine jährliche Augenuntersuchung für Kinder mit signifikantem Myopie-Risiko.

Myopie-Management bei Grundschulkindern

Eine Kurzsichtigkeit bei einem Grundschulkind sollte spätestens bei der Einschulungsuntersuchung entdeckt werden – oder kurz darauf, wenn sich Auffälligkeiten im Unterricht zeigen. Jetzt ist es wichtig, durch regelmäßige Untersuchungen und Tests herauszufinden, ob sich die Myopie im normalen Rahmen bewegt oder ob die Zunahme so schnell erfolgt, dass man von einer progressiven Myopie spricht.
Wird eine fortschreitende Myopie diagnostiziert, sollte das Kind behandelt werden. Um das Fortschreiten von Kurzsichtigkeit bei Kindern und Jugendlichen einzudämmen, stehen verschiedene Optionen zur Verfügung: medizinische Augentropfen, spezielle Kontaktlinsen, die sich für Kinder in dem Alter aber unter Umständen noch nicht eignen, oder Spezialbrillengläser, die das Längenwachstum des kindlichen Auges verlangsamen können.

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Spezialbrillengläser von ZEISS zum Myopie-Management

Speziell entwickelte Brillengläser für das Myopie-Management sind zum Beispiel die Brillengläser aus dem ZEISS MyoCare Portfolio. Sie sind in der Lage, das Wachstum des Auges zu verlangsamen und einzudämmen. Dies wird dadurch erreicht, dass spezielle Mikrostrukturen im Randbereich des Brillenglases einen sogenannten simultanen myopen Defokus setzen. Durch diesen myopen Defokus werden gleichzeitig zur scharfen Abbildung auf der Netzhaut weitere Abbildungen erzeugt, die vor der Netzhaut liegen. Das soll das Auge dazu anregen, weniger in die Länge zu wachsen.

Im Zentrum des Brillenglases befindet sich eine Fläche, die die Fehlsichtigkeit des Kindes korrigiert und für scharfes Sehen in der Ferne sorgt. Rund um die zentrale klare Zone herum wechseln sich die nahezu unsichtbaren, ringförmigen Flächen – die oben erwähnten Mikrostrukturen – mit einer zusätzlichen optischen Wirkung und Flächen, die nur die Korrektionswirkung aufweisen, ab.

Für das Kind im Grundschulalter bringen diese Brillengläser zwei entscheidende Vorteile, die die Lebensqualität und Gesundheit langfristig beeinflussen. Zum einen korrigieren sie wie jedes andere Brillenglas den Sehfehler, ermöglichen dem Kind so scharfes Sehen in allen Entfernungen und die bestmögliche Teilhabe am Unterricht. Zum anderen hemmen sie das Fortschreiten der Kurzsichtigkeit und verringern so das Risiko von Einschränkungen durch eine übermäßig hohe Kurzsichtigkeit und die möglichen gesundheitlichen Spätfolgen. Die Entscheidung für die professionelle Behandlung einer fortschreitenden Myopie im Grundschulalter hat also positive Auswirkungen auf das gesamte Leben des jungen Menschen.


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