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UV-Schutz bis 400 Nanometer: Branchenstandard oder Differenzierungsmerkmal?

Aktueller Stand und Perspektiven für die Experten der Augenoptik
1. Dezember 2025
Fachbeitrag Thomas Bäcker

Produktmarketing-Manager ZEISS Vision Care

UV-Schutz bis 400 Nanometer: Branchenstandard oder Differenzierungsmerkmal? - Aktueller Stand und Perspektiven für die Experten der Augenoptik

Der Schutz des Auges vor ultravioletter Strahlung ist eines der Kernthemen der augenoptischen Wissenschaft – mit direkten Implikationen für Prävention, Kundenberatung und Produktpolitik. Während die DIN EN ISO 13666 als maßgebliche Norm für Korrektionsbrillengläser nach wie vor den UV-Schutz bei einer Grenzwellenlänge von 380 nm verortet1, hat sich die Marktrealität rasant gewandelt: Mittlerweile verfügen nahezu alle klaren Kunststoffbrillengläser der marktführenden Anbieter – inklusive ZEISS – über einen effektiven UV-Schutz bis zu 400 nm und übertreffen die verbindliche Norm damit deutlich.2,3

  • Grauer Star: Die Augenlinse ist eingetrübt

  • Augenrötung: Sie kann durch zu viel Sonneneinstrahlung entstehen

UV-induzierte Schäden und die Bedeutung des 400 nm Schutzes

Augenschädigungen durch kurzwellige Strahlung wie UV-A lassen sich grundsätzlich in akute und chronische Befunde gliedern. Während eine kurzfristige, hohe Exposition zu Reizungen oder Entzündungen – zum Beispiel einer Photokeratitis – führen kann, manifestieren sich schwerwiegendere Pathologien wie Lidkarzinome und mögliche degenerative Veränderungen der Augenlinse oder der Netzhaut meist erst nach Jahren oder Jahrzehnten kumulierter UV-Exposition. Aktuelle epidemiologische Daten zeigen, dass der UV-A-Bereich zwischen 380 nm und 400 nm – insbesondere bei langfristiger Einwirkung – maßgeblich an diesen Pathologien beteiligt ist, weil anteilige Strahlung auch die Augenlinse und die Netzhaut erreicht.

UV und Kinderaugen

Vor solarer UV-Einstrahlung sollten besonders Kinderaugen geschützt werden. Denn die Forschung zeigt: Das Auge, insbesondere die Augenlinse von Kindern und Heranwachsenden, ist noch durchlässiger für kurzwellige Strahlung ab 350 nm im UV-A Bereich. Mit zunehmendem Lebensalter nimmt diese Durchlässigkeit ab, und vor allem die Augenlinse blockt kurzwelliges Licht. Es ist demnach wichtig, dass Kinder ihre Augen im Freien nicht übermäßiger hoher UV-Belastung aussetzen. Denn bis zu 50 Prozent der gesamten UV-Strahlung, der wir bis zum Alter von 60 Jahren ausgesetzt sind, wirkt auf uns ein, bevor wir das Alter von 20 Jahren erreicht haben.4

Spätfolgen im Erwachsenenalter in Form von Krebserkrankungen an den Augen oder als Grauer Star (Katarakt) können die Folge sein.

UV-Schutz für Augen - am besten von Kindesalter an - ist mehr als sinnvoll. UV-Strahlung kann eine Vielzahl schädlicher Wirkungen hervorrufen, zum Beispiel an Hornhaut oder Augenlinse, vor allem aber an den Augenlidern.

Thomas Bäcker

Industrielle Innovation: Das Beispiel ZEISS UVProtect

Raumwinkel-Darstellung (2D Projektion) der Einfallsrichtung von Strahlung in Richtung Auge.

Der Technologiesprung der letzten Jahre wurde maßgeblich durch gezielte Materialforschung und innovative Fertigungsprozesse ermöglicht. ZEISS nahm als einer der ersten Hersteller eine konsequente Neupositionierung vor: Seit der Einführung von ZEISS UVProtect ist es Standard, auch bei klaren Kunststoffgläsern mit und ohne Tönung einen nahezu vollständigen UV-Schutz bis zu 400 nm zu gewährleisten – unabhängig von Brechungsindex oder Glasdicke. Möglich wird dies durch spezielle Zusätze im Glaspolymer, die die Wellenlängen im kritischen Bereich zuverlässig absorbieren. Bei ZEISS UVProtect wird die UV-Absorption bis zu 400 nm also direkt im Glasmaterial realisiert, ohne Transmissionseigenschaften oder Ästhetik negativ zu beeinflussen.2,3 Zusätzlich bieten dedizierte Rückseiten-UV-Beschichtungen einen weiteren, wenn auch sekundären Schutz gegen reflektierte Strahlung, da die Hauptbelastung durch direkt einfallende UV-Strahlen erfolgt.

Branchenweite Entwicklung – Differenzierung wird Expertise

Mit dem wachsenden Bewusstsein für die gesundheitsschädliche Wirkung hochenergetischer Strahlung entwickelte sich UV-400 zügig zum neuen Branchenstandard. Das hat die Beratungswelt der Augenoptik grundlegend verändert: Der UV-400-Schutz klarer Brillengläser ist für Brillentragende weder sichtbar noch selbsterklärend – für Augenoptik-Profis aber zentraler Gesprächsanlass und Differenzierungsmerkmal.
Gerade hier gewinnt die fachliche Beratung an Wert: Denn Augenoptik-Kunden erwarten nicht nur die Richtigkeit der Angaben bezogen auf Schutz der Augen durch das Brillenglas, sondern verlassen sich auch auf das Expertenurteil des Augenoptikers bzw. Optometristen. Es sollte nicht genügen, nur einen „UV-400“-Aufdruck zu präsentieren – vielmehr kann und sollte die Beratung differenzierte Inhalte liefern können. Der Augenoptiker könnte dem Kunden beispielsweise erklären, wie genau das Brillenglas die UV-Strahlen fernhält (also wie der Schutz technisch funktioniert) oder worin die unterschiedlichen Herstellungsweisen liegen, da manche Brillengläser den UV-Filter im Substrat selbst integrieren, andere durch eine zusätzliche Schicht gewährleisten. (Anm.: UV-Absorption im Substrat ist aufgrund der Materialdicke und dem damit verbundenen höheren Absorberanteils effektiver als ein UV-Schutz mittels dünner Schichten auf dem Grundglas. Daher geht der Trend auch klar in Richtung eines UV absorbierenden Substrats.

Historische Entwicklung und biomedizinische Evidenz

Langjährige Forschung belegt, dass relevante Pathologien wie pterygiale Veränderungen, Keratosen, Katarakt oder UV-induzierte Netzhautschäden durch Exposition im gesamten A- und B-Bereich der UV-Strahlung (bis 400 nm) getriggert werden können.5,6

Die ursprünglich normative – und immer noch gültige – Grenze bei 380 nm spiegelt den Produktionsstand und die Werkstoffphysik der 1990er Jahre wider – nicht jedoch die heute verfügbare biomedizinische Evidenz. Gerade Kunststoffgläser niedriger bis mittlerer Brechungsindizes ließen über Jahrzehnte einen beträchtlichen Anteil der langwelligen UV-A-Strahlung passieren.3,7 Mineralische Brillengläser tun das zum großen Teil bis heute.

Fazit: Beratungskompetenz, Qualitätsanspruch und Perspektive

Für die Zukunft ist der vollständige UV-Schutz bis 400 nm aus fachlicher wie aus gesundheitlicher Sicht als Mindeststandard zu begreifen – auch wenn offizielle Normen dem technologischen Vorsprung noch hinterherhinken.1,7

Mit dem Fortschritt und neuen Erkenntnissen in Materialwissenschaft und Beschichtungstechnologien für Brillengläser wächst die Verantwortung, aber auch die Chance, sich als kompetenter Partner für nachhaltige Augengesundheit zu positionieren – insbesondere durch den offenen Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse aus Forschung und Industrie, wie ihn ZEISS mit UVProtect vorlebt. Das Ziel sollte dabei nie aus den Augen verloren werden: Den sichtbaren und „unsichtbaren“ Schutz optimal zu vereinen – für eine dauerhafte gute Sehleistung bei maximaler Sicherheit.


  • 1

    DIN EN ISO 13666:2019-10. Augenoptik – Brillen – Vokabular (ISO 13666:2019). Beuth Verlag, Berlin.

  • 2

    ZEISS Vision Care: Whitepaper „ZEISS UVProtect: Vollständiger Schutz vor schädlicher UV-Strahlung in allen gängigen Brillenglasmaterialien“, 2018. https://www.zeiss.de/vision-care/fachkreise/uvprotect.html (letzter Zugriff: Juni 2024).

  • 3

    J. Anger et al., „Kunststoffbrillengläser und UV-Protektion im Zeitverlauf“, DOZ Deutsche Optikerzeitung, 03/2020, S. 34–37.

  • 4

    West SK, Duncan DD, Munoz B, Rubin GS, Fried LP, Bandeen-Roche K, Schein OD. „Sunlight exposure and risk of lens opacities in a population-based study: the Salisbury Eye Evaluation Project.“ JAMA. 1998 Jul 8;280(4):371-376. doi:10.1001/jama.280.4.371. PMID: 9676679.

  • 5

    Bundesamt für Strahlenschutz (BfS): „Auswirkungen von UV-Strahlung auf Auge und Haut.“ www.bfs.de/DE/themen/opt/uv/wirkung/wirkung_node.html (letzter Zugriff: Juni 2024).

  • 6

    Sliney DH. „Photoprotection of the eye – UV radiation and sunglasses.“ J Photochem Photobiol B. 2001 Nov;64(2-3):166-175. doi:10.1016/s1011-1344(01)00227-1.

  • 7

    Green AC, WallingfordSC, McBride, P. Childhoodexposuretoultravioletradiationandharmfulskineffects: Epidemiologicalevidence. ProgBiophysMol Biol. 2011 Dec: 107(3): 349-355.

Pressekontakt Miriam Kapsegger

ZEISS Vision Care


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