Interview

Alles ist mit allem vernetzt

Am Hightech-Standort Jena ist jetzt Manuela Meyer für das Thema Digitalisierung zuständig. Im Interview stellt sie sich vor und erzählt, welche smarten Lösungen am zukünftigen Neubau geschaffen werden sollen.

5. September 2023 · 5 Min. Lesedauer

Sie waren bis vor Kurzem für das Thema Digitalisierung bei der Stadt Jena zuständig. Was können Sie davon bei ZEISS einbringen?

Mein gesamtes Berufsleben ist eigentlich gekennzeichnet von Themen der Digitalen Transformation. Bei der Stadt war ich Chief Digital Officer – also Digitalisierungsbeauftragte – und habe Digitalisierungsgroßprojekte von Jena koordiniert. Eines der wichtigsten Themen war dabei das Smart City Projekt mit einem Budget von 17,5 Millionen Euro. Da hatte ich mit der ganzen Bandbreite an Digitalisierungsthemen zu tun. Bei dem smarten Quartier, das gerade in Jena Lobeda entsteht, gab es beispielsweise viele Berührungspunkte mit Telemedizin, Mobilität, urbanen Datenplattformen oder smartem Stadtgrün. Auch das Projekt 5G-Verkehrsvernetzung der Stadt betrifft den Hightech-Standort. Hierbei soll durch Datenanalysen der Verkehrsfluss in Jena optimiert werden und Kollisionen vermieden werden. Aber nicht nur die Stelle bei der Stadt, auch die Erfahrungen aus meinen vorherigen Jobs helfen mir hier bei ZEISS weiter.

Manuela Meyer

Manuela Meyer ist außerdem Vorstandsvorsitzende bei witelo e.V. und vertritt ZEISS im Vorstande des Jena Digital e.V.

Der neue ZEISS Hightech-Standort in Jena soll ja ein „smart connected building“ werden. Was verstehen Sie darunter?

Die Basis für ein klug vernetztes und im besten Fall selbstständig handelndes Gebäude ist der „Digitale Zwilling“ – auch ein viel verwendetes Buzz-Word heute. Das ist ein virtuelles Abbild des Gebäudes, ein 3D-Modell, das seinen gesamten Lebenszyklus umfasst. Dazu gehören physische Objekte, aber auch Prozesse, Beziehungen und Interaktionen. Der Zwilling wird also schon während der Entstehung des Gebäudes mit Daten eingespeist. Er wird genutzt, um Wasser- oder Haustechnikleitungen zu planen und diese Pläne dann an die einzelnen Gewerke zur Umsetzung weiterzugeben. Die Daten sind für uns sehr wichtig, sie erwecken den Zwilling zum Leben. Wir wollen aber die Daten nicht nur erfassen, sondern auch etwas damit machen. Letztendlich haben wir idealerweise einen lebendigen digitalen Zwilling, der auch selbständig auf die Daten reagieren kann.

Wie könnte das konkret aussehen?

Beim Hightech-Standort wird beispielsweise die Klimatechnik, wie Temperatur, Luftdruck oder CO2-Gehalt, anhand von Sensoren erfasst. Im Digitalen Zwilling kann dann entweder ein Mensch oder eine Künstliche Intelligenz regulierend eingreifen. Wäre der CO2-Gehalt in einem Raum plötzlich zu hoch, würden die Fenster aufgehen oder die Lüftung geht an. Langfristig könnte man bei nicht genutzten Räumen die Heizung niedriger stellen. Wenn wir bedarfsorientiert Energie einsetzen, wirkt dies nachhaltig und kosteneffizient.

Was muss noch passieren, bis der digitale Zwilling des Hightech-Standortes lebendig wird?

Wir haben eine Digitalisierungsstrategie erarbeitet und rund 50 Digitalisierungsbausteine identifiziert. Diese wurden in funktionale Gruppen gepackt, wobei es zwischen den Bausteinen keine scharfen Trennlinien gibt. Alles ist mit allem vernetzt. 25 von den Bausteinen sind hoch priorisiert. Wir wollen an den Start gehen, wenn das Gebäude steht und dann der schrittweise Einzug stattfindet. Das ist bei vielen Bausteinen auch unerlässlich, damit wir einen reibungslosen Übergang von einem ins andere Gebäude gewährleisten und die Arbeitsfähigkeit der Mitarbeitenden sicherstellen können. Dieser Plan benötigt viel Vorlauf: Der Verbau von physischen Objekten wie Sensoren oder Leitungen muss schon jetzt mitgedacht werden. Deswegen haben wir frühzeitig mit den Planungen begonnen, die nun immer konkreter werden.

Welche Bausteine sind das beispielsweise?

Dazu gehören neben der genannten smarten Gebäudetechnik auch Kassen- und Bezahlsysteme. Beim Zutritt ins Gebäude und für die Parkplatzsuche sollen intelligente Erkennungssysteme genutzt werden, alles natürlich immer unter der Prämisse des Datenschutzes. Außerdem ist eine ZEISS App geplant, mit der sich die Mitarbeitenden auf ihren Smartphones beispielsweise im Gebäude zurechtfinden können, Infos und Services erhalten oder Tickets und Zahlvorgänge auslösen können.

Sind in die Planung auch andere ZEISS Bereiche eingebunden?

Die Gesamtprojektleitung berichtet regelmäßig im Konzernbetriebsrat über den aktuellen Stand und auch ich bin in einem guten Austausch beispielsweise mit dem IT-Ausschuss des KBR. Wir wollen hier in Jena keine Insel sein und sind mit den Projektleitern anderer Bauvorhaben von ZEISS wie in Ebnat oder La Rochelle im Austausch.

Welche Voraussetzungen müssen noch erfüllt werden, um die Digitalisierungsstrategie umzusetzen?

Die Ertüchtigung für die genannten Bausteine und die Basis vieler weiterer Möglichkeiten sind Technologien wie 5G, WLAN oder WiFi und natürlich ein leistungsfähiges, hochverfügbares und sicheres Rechenzentrum. Wir wollen jetzt schon die Anschlussfähigkeit für Digitalisierungspotenziale schaffen, die man heute noch nicht kennt und die noch nicht so verbreitet sind. Das ist für mich eine tolle Aufgabe und ich freue mich darauf, die Digitalisierungsstrategie bei ZEISS am Hightech-Standort mit umzusetzen.

Vielen Dank für das Gespräch


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