Connected Care auf den Lofoten-Inseln

Wie können Menschen, die in abgelegenen Gebieten leben, dennoch Zugang zu einer guten Gesundheitsversorgung erhalten? Dr. Alexander Skau hat viele Jahre an einer Antwort auf diese Frage gearbeitet und ist fest davon überzeugt, dass neue Wege in der Gesundheit möglich sind. Aus diesem Grund hat der Augenarzt gemeinsam mit ZEISS ein Pilotprojekt auf den Lofoten-Inseln gestartet. Ziel war dabei, Patientinnen und Patienten mithilfe von Ausrüstung und passender Software möglichst einfach aus der Ferne untersuchen zu können. Eine kürzlich durchgeführte Studie belegt den Erfolg.1 Diese Art der digital vernetzten Gesundheitslösung (auf Englisch: „Connected Care“) kann die Gesundheitsversorgung weltweit verbessern.

Die Lofoten-Inseln im Norden Norwegens sind bekannt für ihre Mitternachtssonne, Nordlichter und kleinen Fischerdörfer. Die Landschaft ist beeindruckend und die Natur atemberaubend. Dies sind mitunter die Gründe, warum die Inselgruppe ein begehrter Ort für diejenigen ist, die dem Trubel unserer technologiegetriebenen Welt entkommen und Frieden sowie Einsamkeit suchen. Sie werden dort fündig werden. Doch bringt die Lage der Inselgruppe auch Herausforderungen mit sich.

Während Außenstehende die Abgeschiedenheit dieser Orte schätzen, ist es eben diese Abgelegenheit, die es den Einheimischen schwer macht, auf etwas Grundlegendes zuzugreifen: eine flächendeckende medizinische Grundversorgung. Lokale Einrichtungen, mit begrenztem Personal und engen Budgets, haben in der Regel keine Fachleute vor Ort. Und wenn doch, sind es oft nicht genug Personen, um eine kontinuierliche Versorgung zu gewährleisten. Es kommt häufig vor, dass sich der nächste Versorgungspunkt Hunderte von Kilometern entfernt befindet und dadurch schwer zu erreichen ist. Auf den Lofoten müssen die Menschen bis zu einen ganzen Tag reisen, manchmal sogar mehr – entweder mit dem Flugzeug oder mit der Fähre – um passende Spezialistinnen und Spezialisten zu erreichen.

Entfernungen in abgelegenen Gebieten überwinden

Wie ZEISS gemeinsam mit Dr. Skau und mithilfe von Connected Care den Zugang zu Gesundheitsversorgung ermöglicht

Dr. Alexander Skau

Würde man das Thema Geld beiseitelegen und den Menschen Zeit zum Nachdenken geben, würden alle dasselbe sagen: Gesundheit ist unser höchstes Gut.

Dr. Alexander Skau

Augenarzt | Norwegen
Dr. Alexander Skau

Quer durchs Land – bis zur nächsten Augenklinik

Dr. Alexander Skau kennt diese Herausforderungen. Er blickt auf über zwei Jahrzehnte Berufserfahrung zurück und praktiziert aktuell in seiner Augenklinik in Bodø, einer kleinen Küstenstadt auf den Schären, etwa 1200 km nördlich von Oslo. Er ist überzeugt davon, dass jeder Mensch Zugang zu einer guten Gesundheitsversorgung haben sollte – unabhängig von seinem Wohnort. „Wenn man mental nicht gesund ist oder Probleme mit seinem Körper oder seinen Sinnen hat, dann hat man es schwer in unserer Gesellschaft. Würde man das Thema Geld beiseitelegen und den Menschen Zeit zum Nachzudenken geben, würden alle dasselbe sagen: Gesundheit ist unser höchstes Gut“, betont Dr. Skau.

Seine eigene Perspektive wurde stark von zwei Mentoren geprägt. Der Erste war ein Anatomieprofessor an der Universität Ulm in Deutschland. Der zweite Mentor arbeitete in der Kardiologie in Bodø in Norwegen. Dr. Skau bewunderte diese Lehrer aus zwei sehr unterschiedlichen Gründen: „Professor Herman, ein Meister der Präzision, formte in Deutschland mein Verständnis von Anatomie und der Bedeutung von Genauigkeit. Sein Einfluss war tiefgreifend und schwingt weiterhin in meiner Arbeitsweise mit. Dann wurde ein Kardiologe in unserem örtlichen Krankenhaus zu meinem Mentor in der heiklen Kunst der Kommunikation mit Patientinnen und Patienten. Er konnte mit ihnen so leicht und empathisch sprechen und dabei sehr menschlich sein“, sagt Dr. Skau. Beide Lehren versucht er heute in seiner Arbeit zu vereinen. Privat ist er ein engagierter Familienvater und es ist ihm wichtig, Zeit mit seiner Frau und den Kindern zu verbringen.

Connected Care auf den Lofoten-Inseln

Dr. Skau betrachtet Innovation in Medizin und Technologie als logischen nächsten Schritt im Gesundheitswesen. Wenn er spricht, wird seine Überzeugung, medizinische Ansätze nicht verkomplizieren zu wollen, offensichtlich. Es lässt einen fast glauben, dass man trotz der Komplexität des Themas dasselbe getan hätte, wenn man nur etwas länger darüber hätte nachdenken können.

Bestrebt, den Fortschritt in der Medizin voranzutreiben, hat Dr. Skau das medizinische Versorgungssystem wissenschaftlich überprüft. Im Jahr 2012 untersuchte er die Kapazitätsprobleme im Gesundheitswesen und stellte fest, dass die damit verbundenen Herausforderungen weiter zunehmen werden. Durch den demografischen Wandel wird es auch in Norwegen in Zukunft mehr ältere Menschen geben. Zudem wird die Anzahl der Diabetespatienten sowie derjenigen, die an Grauem Star (Katarakt) leiden, ebenfalls erheblich steigen.

Gleichzeitig fand Dr. Skau heraus, dass bis zum Ende des Jahrzehnts die Menschen das gesamte Land für Augenuntersuchungen durchqueren müssen, weil es zu wenige medizinische Dienstleistungen geben wird. Im Jahr 2018, nach drei Jahren Planung, an der Dr. Skau ebenfalls beteiligt war, veröffentlichte das Norwegische Gesundheitsdirektorat neue Richtlinien für die diabetische Retinopathie: eine Netzhauterkrankung, die bei fortgeschrittenem Diabetes auftritt und zu Sehverlust führt. Diese neuen Richtlinien wiesen auf dringend notwendige Veränderungen hin. „Wenn es drei Jahre gedauert hat, diese Richtlinien zu entwickeln, würde es wahrscheinlich weitere 20 Jahre dauern, um etwas am Gesundheitssystem selbst zu ändern“, sagt Dr. Skau jetzt, fast fünf Jahre später.

Deshalb hat Dr. Skau die Dinge selbst in die Hand genommen. „Meine Motivation, Dinge zu vereinfachen und zu verbessern, ist seit vielen Jahren ein wichtiger Teil meines Lebens“, sagt er über seinen Antrieb. Sein Schlüssel zur Lösung des Problems: Technologie. In seiner augenärztlichen Praxis sah er die Möglichkeit, Lösungen zu nutzen, um Menschen dort Pflege zukommen zu lassen, wo sie leben – denn digitale Gesundheitstechnologien ermöglichen es ihm, sie von überall aus zu untersuchen. Aber wie ist das möglich?

  • Rund 5,5 %

    der Einwohner von Nordland (Norwegen) leiden an Diabetes und benötigen regelmäßige Augenuntersuchungen.1

  • 1 Augenklinik

    ist in Nordland (Norwegen) für fachärztliche Behandlungen verfügbar.1

  • 1 Tag

    dauert es in etwa, bis Patientinnen und Patienten von den Lofoten die nächste Augenklinik erreichen.1

  • Mehr als 2.000

    Menschen an fünf Standorten haben bereits von der digital vernetzten Versorgung in Norwegen profitiert.1

  • 97 %

    aller Augenuntersuchungen können mit Hilfe von Connected Care aus der Ferne durchgeführt werden.1

Connected Care auf den Lofoten-Inseln

Digitale Gesundheitslösungen: Pilotprojekt auf den Lofoten

Die Antwort ist die digital vernetzte Versorgung: Sie verändert grundlegend die Gesundheitsversorgung für Menschen in abgelegenen Gebieten. Sie müssen nicht mehr weit reisen, um ihre jährliche oder halbjährliche Untersuchung durchführen zu lassen. Die Untersuchung erfolgt dort, wo sie leben. Dies wird durch die Digitalisierung des Gesundheitswesens ermöglicht.

Es klingt in der Theorie einfach, aber wie sieht es in der Praxis aus? „Warum nicht einfach mal ausprobieren?“ sagt Dr. Skau und lächelt. Er wollte ermitteln, was er für die Menschen mit Diabetes in Norwegen tun kann, die regelmäßige Augenuntersuchungen benötigen, und startete im Jahr 2018 gemeinsam mit ZEISS ein Pilotprojekt. Das eingerichtete Programm umfasst ein Gerät mit der entsprechenden Software. Das Gerät, eine Funduskamera für Ultra-Weitwinkel Bildgebung, ist in einem Optikerladen an einem abgelegenen Ort aufgestellt und kann hochauflösende Bilder der Netzhaut eines Patienten aufnehmen. Die Software sendet diese Daten in Echtzeit über die Cloud an die zentrale Klinik, wo das Ärzteteam das Bild empfängt. Sie können dann die Netzhaut untersuchen, ohne dass die Patientinnen und Patienten eine zusätzliche Reise unternehmen müssen. Dies trägt zur Nachhaltigkeit bei, weil dabei CO₂ eingespart wird, und bietet zudem mehr Komfort und Zeitersparnis. „Wir schicken niemanden mehr quer durch das ganze Land, wir schicken nur die Daten“, sagt Dr. Skau.

  • Connected care in the Lofoten Islands
  • Connected Care auf den Lofoten-Inseln

Zu Beginn war die sichere Übertragung und Speicherung sensibler Patientendaten eine der größten Herausforderungen. Dr. Skau hat jedoch auch dafür Lösungen gefunden und betont, dass alle Daten verschlüsselt seien und strenge Sicherheitsstandards eingehalten würden, basierend auf nationalen Standards der norwegischen Regierung.

Dr. Skau hat den Erfolg des Projekts in einer Studie dokumentiert. Das Ergebnis: 97 Prozent aller Untersuchungen konnten auf diese Weise durchgeführt werden und mussten nicht vor Ort in Bodø erfolgen. Bis heute wurde das System bei mehr als 2.000 Menschen an fünf Standorten in Norwegen eingesetzt. In Zukunft hofft er, mehr als 320.000 Menschen mit Diabetes in Norwegen unterstützen zu können – ein ehrgeiziges Ziel. Dr. Skau glaubt jedoch an seine Idee. „Es gibt in Norwegen ein Sprichwort, das besagt: 'Drehe jeden Stein um.' Aber meiner Meinung nach geht es nicht darum, die Steine umzudrehen, sondern darum, neue Steine zu finden“, betont er, wenn er über die Notwendigkeit innovativer Lösungen in der medizinischen Versorgung spricht.

Cecilie Naima Kristoffersen ist eine erfahrene Augenoptikerin in einem der Optikgeschäfte auf den Lofoten-Inseln. Vor Ort untersucht sie die Patientinnen und Patienten von Dr. Skau. Sie hat festgestellt, dass die Menschen dem innovativen System vertrauen: „Patientinnen und Patienten schätzen es, den Service näher bei sich zu haben. Natürlich mögen sie den persönlichen Kontakt zu ihren Ärztinnen und Ärzten, aber die Mehrheit begrüßt dieses System wirklich, weil es so einfach funktioniert. Und weil sie für die Untersuchung nicht mehr einen ganzen Tag frei nehmen müssen.“

Natürlich mögen Patientinnen und Patienten den persönlichen Kontakt zu ihren Ärztinnen und Ärzten, aber die Mehrheit begrüßt dieses System wirklich, weil es so einfach funktioniert.

Cecilie Naima Kristoffersen

Augenoptikerin | Norwegen

Connected Care – eine Lösung für globale Herausforderungen

Die Schwierigkeiten bei der medizinischen Versorgung in entlegenen Gebieten enden nicht an den Grenzen Norwegens – sie sind in anderen Teilen der Welt noch wesentlich präsenter. Natürlich müssen Menschen nicht nur regelmäßig ihre Augen begutachten lassen, sondern benötigen auch andere medizinische Untersuchungen. Dr. Skau ist überzeugt, dass eine digital vernetzte Versorgung hierfür ein Schlüssel sein kann: „Ich liebe den Fortschritt und neue Technologien begeistern mich. Und es erfüllt mich mit Freude, die ständige Entwicklung unserer Welt zu erleben. Manche Dinge lassen sich nicht so schnell bewegen, wie wir es gerne hätten, aber es tut sich kontinuierlich etwas“, erklärt er stolz darüber, einen Beitrag zur Verbesserung der medizinischen Versorgung leisten zu können.

Seine Arbeit beweist die Kraft der Innovation und zeigt, dass bahnbrechende Veränderungen nicht immer eine komplette Überholung eines Systems erfordern. Indem vorhandene Ressourcen wie Ultra-Weitwinkel Bildgebung für Netzhautuntersuchungen und Cloud-Technologie kombiniert werden, haben Dr. Alexander Skau und ZEISS nicht nur die Gesundheitsversorgung auf den Lofoten-Inseln transformiert, sondern auch ein Beispiel für neue Möglichkeiten der Fernversorgung in der Medizin weltweit geschaffen. Wie Dr. Skau es treffend ausdrückt: „Wir sind Teil von etwas Größerem. Nicht nur ich, sondern jeder Einzelne.“ Betrachten wir als Menschen die Welt auf diese Weise, gibt es Hoffnung für die Gesundheitsversorgung von morgen. Und neue Wege für ein gemeinsames Engagement zum Wohlergehen der Menschheit.

Im Fokus: Connected Care und digitale Gesundheitslösungen

  • Seit dem Beginn der Covid-19-Pandemie sind digital vernetzte Gesundheitslösungen für viele Menschen zu einem Bestandteil ihres täglichen Lebens geworden. Immer mehr Behandlungen werden aus der Ferne durchgeführt, beispielsweise über Videochat. Dies spart nicht nur Zeit und Geld, sondern erhöht auch den Komfort der Behandlung. Einen weiteren Trend stellt die digitale Patientenakte dar. Kliniken können alle relevanten Gesundheitsinformationen eines Patienten digital in einer Akte speichern, auf die beispielsweise die behandelnden Fachärzte zugreifen können. Künstliche Intelligenz (KI) hat ebenfalls Einzug ins Gesundheitswesen erhalten. Sie unterstützt zum Beispiel bei der Untersuchung von Blutbildern, der Analyse von Gewebeproben oder der Auswertung von MRT-Bildern.

  • Connected Care beschreibt die Vernetzung verschiedener Technologien zum Zweck der Gesundheitsvorsorge. Zum Beispiel können vernetzte, interaktive, digitale Gesundheitsanwendungen den Menschen helfen, ihre Gesundheit frühzeitig und individuell zu verbessern. Dazu zählen unterschiedliche Aspekte wie etwa die Fernüberwachung von Patientinnen und Patienten, mobile Anwendungen, intelligente Kleidung sowie Wearables (darunter versteht man kleine Computersysteme, die direkt am Körper getragen werden und die beispielsweise die Herzfrequenz, den Blutdruck oder den Blutzuckerspiegel messen und bewerten). Dies sind nur einige Beispiele für moderne Gesundheitstechnologien, die wichtige Informationen austauschen und die Gesundheitserziehung, Selbsteinschätzung sowie präventive Versorgung unterstützen können.

  • Bei Connected Care werden verschiedene gesundheitsbezogene Geräte oder Technologien miteinander vernetzt, um Informationen über den Gesundheitszustand einer Person zu erhalten. Ein Fitness-Tracker zum Beispiel sammelt eine Vielzahl von Gesundheitsdaten und stellt sie zu einem Bild zusammen. Wenn eine Ärztin oder ein Arzt auf diese Daten zugreift, kann er mit ihrer Hilfe eine Diagnose stellen. Connected Care kann auch eine digitale Patientenakte sein, in der alle relevanten Informationen über eine Patientin oder einen Patienten gesammelt werden und die allen beteiligten Ärztinnen und Ärzten zugänglich ist. Das bedeutet, dass das medizinische Fachpersonal die Daten ihrer Patientinnen und Patienten nicht nur dezentral sammeln, sondern auch jederzeit mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen medizinischen Bereichen teilen kann – für eine noch bessere medizinische Versorgung.