ZEISS BEYOND TALKS

Interview mit Otto Nemenz, Gründer und CEO der Otto Nemenz International, Inc.1

Otto Nemenz rüstet die Filmemacher Hollywoods seit Jahrzehnten mit Kamera-Equipment aus. Er hat mit uns über seine Grundsätze als Unternehmer, den schnellen Umstieg auf Digitaltechnik und die Zukunftsperspektiven von Film und Fernsehen gesprochen.

Seit über 175 Jahren stellt man sich bei ZEISS die Frage: Wie können wir die Grenzen der Vorstellungskraft herausfordern? Diese Vision war für ZEISS der Anlass, in der Gesprächsreihe ZEISS Beyond Talks den Austausch mit Vordenkern und führenden Intellektuellen aus der ganzen Welt zu suchen und mit ihnen über ihre Arbeit, ihre Visionen, ihre Leidenschaften und aktuelle Fragen im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung unserer Welt zu sprechen.

Sie sind gebürtig aus Österreich, leben aber schon lange in den Vereinigten Staaten – beschreiben Sie doch bitte kurz Ihren beruflichen Werdegang.

Ich lebe seit rund 55 Jahren hier in Los Angeles. Als ich 1964 in die Staaten kam, bin ich praktisch sofort ins Filmgeschäft eingestiegen. Seitdem dreht sich meine Arbeit um Kameras und Objektive. In meinem Alter sind die meisten Leute längst in Rente – ich bin gerade 80 geworden –, aber meine Arbeit macht mir dafür viel zu viel Spaß. Sie ist für mich wie ein Hobby.

Otto Nemenz

In meinem Alter sind die meisten Leute längst in Rente – ich bin gerade 80 geworden –, aber meine Arbeit macht mir dafür viel zu viel Spaß.

Otto Nemenz

Gründer und CEO der Otto Nemenz International, Inc.

Einige Ihrer wichtigsten Mitarbeiter sind bereits seit Jahrzehnten bei Ihnen – was ist das Geheimnis dieser langjährigen beruflichen Beziehungen?

Mir ist es sehr wichtig, dass meine Mitarbeiter zufrieden sind. Wer nicht mit Freude bei der Sache ist, den überzeugt auch mehr Geld nicht. Daher ist es mir ein Anliegen, dass die Mitarbeiter in meinem Unternehmen Spaß an ihrer Arbeit haben. Ich habe ein offenes Ohr und biete ihnen einen sicheren Arbeitsplatz. Auch bei schlechter Auftragslage, Streiks oder Ähnlichem gibt es bei mir keine Entlassungen oder Gehaltskürzungen. Wir sind solidarisch, beißen die Zähne zusammen und schlagen uns durch. Das hat für mich 55 Jahre lang funktioniert. Bisher bin ich mit dieser Strategie immer gut gefahren!

ZEISS Beyond Talks Podcast
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ZEISS Beyond Talks

The Podcast

Der Podcast „ZEISS Beyond Talks“ ist eine Interviewreihe mit führenden Wissenschaftlern, bekannten Künstlern und ZEISS Experten aus aller Welt, die wichtige Meilensteine umspannt. Alle Beiträge suchen Antworten auf die Frage: Wie können wir die Grenzen der Vorstellungskraft herausfordern?

Sie waren an einigen großen Filmprojekten beteiligt, unter anderem an „Star Trek“ und „Terminator 2“. In der Filmbranche herrscht bekanntermaßen ein harter Wettbewerb. Wieso entscheiden sich Filmemacher für die Zusammenarbeit mit Ihrem Unternehmen?

Mein Unternehmen profitiert davon, dass ich alle Positionen hinter der Kamera durchlaufen habe. Ich war Kameraassistent, habe als Kameramann selber die Kamera geführt und war Director of Photography, also Bildregisseur. Dadurch weiß ich genau, was sich hinter der Kamera abspielt. Wenn ein Director of Photography eine ganz bestimmte Bildatmosphäre erzielen möchte, kann ich ziemlich genau sagen, was er dafür braucht. Wir können bei vielen Objektiven das Aussehen verändern und so den Vorstellungen des Bildregisseurs schon sehr nahe kommen.

Otto Nemenz

Wer nicht mit Freude bei der Sache ist, den überzeugt auch mehr Geld nicht.

Otto Nemenz

Gründer und CEO der Otto Nemenz International, Inc.

Die Umstellung auf Digitaltechnik muss sehr einschneidend für Ihr Unternehmen gewesen sein. Können Sie diese Herausforderung beschreiben?

Als ich in der Branche anfing, wurde wirklich alles auf Film gedreht, digitales Equipment gab es nicht. Dann eroberten plötzlich Digitalkameras den Markt. Das ging sehr schnell.

Wir alle mussten die Umstellung mitmachen und auf Digitaltechnik umsatteln, was uns schnell gelang. Innerhalb von rund drei Monaten stellten wir im gesamten Unternehmen auf digital um. Mittlerweile drehen wir noch etwa 15 % auf Film, die übrigen 85 % sind digital.

Ist das jetzt besser? Schwer zu sagen – es ist anders. Manchen Regisseuren gefällt der analoge Film-Look besser und sie bleiben dabei. Wir haben eine große Auswahl analoger Filmkameras behalten und warten sie regelmäßig. Sie sind jederzeit einsatzbereit.

Wie ist Ihre Meinung zum 3D-Kino? Wird es nochmal größere Erfolge feiern können?

Die Nachfrage nach 3D-Filmen ist nicht besonders groß. Es ist ein schwankender Trend. Während meiner Zeit im Filmgeschäft hat der 3D-Film mindestens drei Mal ein Comeback gefeiert. Er ist in der Versenkung gelandet, dann zurückgekommen, war später noch einmal erfolgreich, bevor er dann endgültig von der Bildfläche verschwand. Ich glaube nicht, dass diese Technik nochmal einen sehr großen Schub bekommen wird.

Otto Nemenz

Manchen Regisseuren gefällt der analoge Film-Look besser und sie bleiben dabei.

Otto Nemenz

Gründer und CEO der Otto Nemenz International, Inc.

Welche technischen Neuheiten spielen denn derzeit in der Filmbranche die größte Rolle?

Die Kameras werden kleiner und leichter. Auch die Objektive werden kleiner, leichter und lichtstärker. Doch dabei stößt man durchaus an Grenzen: Wird ein Gerät zu klein, lässt es sich kaum noch bedienen und erfüllt die Anforderungen der Nutzer nicht mehr.

Ich kann mir Objektive mit verschiedenen Blenden vorstellen, mit denen man eine bestimmte Atmosphäre erzielen kann. Besonders einen Autofokus-Look, der sich durch Wechsel der Blende beeinflussen lässt. Man kann mit vielen Dingen spielen, um mit der Kamera eine bestimmte Bildstimmung zu erzeugen.

Die größte Herausforderung sehe ich darin, wie wir zukünftig Filme sehen werden. Das 360-Grad-Filmerlebnis wird kommen und bei dieser Entwicklung wäre ich gerne dabei. Die Leute werden sich ihre Lieblingsserien oder -filme immer ansehen – ob nun zu Hause oder im Kino.

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    Das Interview wurde zur besseren Verständlichkeit bearbeitet.